Einführung: Ein neuer Blick auf Technical Remote Viewing
Technical Remote Viewing (TRV) verfolgt traditionell einen lexikalischen Ansatz, bei dem Archetypen feste, unveränderliche Bedeutungen besitzen, die unabhängig vom Kontext eines Targets angewendet werden. Dieser Ansatz betrachtet Archetypen als starre Symbole innerhalb eines klar definierten Rahmens, um Konsistenz zu gewährleisten. Der repräsentative Ansatz, entwickelt von Marcus Boldt im Rahmen des Deepmind Institutes (DMI), bietet eine innovative Alternative: Er interpretiert die elf Archetypen flexibel und kontextabhängig als symbolische Repräsentationen. Diese Methode ermöglicht eine tiefere, nuanciertere Analyse von Targets durch metaphorische Bedeutungen und kreative Interpretationen, was die Grenzen der traditionellen Methode erweitert.
Dieser Artikel beleuchtet die Entwicklung von Remote Viewing, vergleicht den lexikalischen mit dem repräsentativen Ansatz, stellt die elf Archetypen vor und zeigt anhand von Beispielen und einer praktischen Übung, wie der repräsentative Ansatz die Wahrnehmung erweitert. Ziel ist es, die Stärken dieser neuen Perspektive zu verdeutlichen und ihre Bedeutung für die Weiterentwicklung von TRV zu unterstreichen, insbesondere für fortgeschrittene Anwendungen.
Die Entwicklung von Remote Viewing
Remote Viewing begann mit Controlled Remote Viewing (CRV), entwickelt ab 1972 von Ingo Swann am Stanford Research Institute (SRI) im Rahmen des STARGATE-Programms, unter Mitwirkung von Harold Puthoff und Russell Targ. CRV basiert auf sechs Stufen und führt Ideogramme ein – spontane, kinästhetische Symbole, die die unmittelbare Wahrnehmung eines Targets erfassen. Swanns Methode zielte auf eine direkte, unverfälschte Erfassung der „Gestalt“ eines Targets ab, ohne vorgegebene Kategorien oder analytische Verzerrungen, wobei Begriffe wie „Wasser“, „Land“ oder „Struktur“ organisch aus der Wahrnehmung des Viewers entstanden und nicht lexikalisch fixiert waren.
Diese flexible Herangehensweise stand im Kontrast zu späteren Entwicklungen. Der lexikalische Ansatz, wie er von Ed Dames nach seiner Zeit im STARGATE-Programm eingeführt wurde, entstand erst post-militärisch und wurde als Psi-Tech-Konzept standardisiert, wobei auch sein Kollege Lyn Buchanan eine ähnliche Variante adaptierte. [Dames, 1989; Buchanan, 1990]. Im Gegensatz zu Swanns ursprünglichem CRV, das auf einer intuitiven Decodierung in Stufe 1 basierte, führte der lexikalische Ansatz feste Archetypen-Bedeutungen ein, was die Problematik subtiler Zielmerkmale erst hervorrief – ein Aspekt, der in der ursprünglichen Methode durch ihre Offenheit vermieden wurde. Diese Abkehr von Swanns Konzept könnte erklären, warum die Starrheit des lexikalischen Ansatzes, wie im Falle der Düne, zu Fehlzuordnungen führt.
Technical Remote Viewing (TRV) entstand in den 1980er Jahren durch Major Edward A. Dames, basierend auf seiner früheren Arbeit im STARGATE-Programm der U.S. Army. Dames adaptierte CRV zu einer effizienten, standardisierten Methode für operative Zwecke, indem er die Stufen 1–3 vereinfachte und Stufe 6 um „Tools“ wie Standortlokalisierung erweiterte. 1989 machte er TRV durch die Gründung von PSI TECH zivil zugänglich (psi.vision/TRV/ed-dames). Ein zentraler Aspekt von TRV ist die Standardisierung der elf Archetypen – zehn von Dames (Wasser, Land, Berg, Struktur, Bewegung, Geschwindigkeit, Energie, Lebensform, Geist – oft als „Lebensform mit Spiritualität“ interpretiert – und Vakuum) sowie „Areal“ vom deutschen ISFR – mit festen Bedeutungen, bekannt als lexikalischer Ansatz, der eine einheitliche Terminologie etablierte.
Der lexikalische Ansatz von Ed Dames: Strukturierte Standardisierung
Der lexikalische Ansatz prägt das traditionelle TRV. Archetypen erhalten feste Bedeutungen: „Wasser“ steht für „fließend“ und „nass“, „Land“ für „fest“ und „stabil“, „Struktur“ für von Menschen geschaffene Objekte wie Gebäude. Diese Standardisierung ermöglicht schnelle, einheitliche Analysen – ein entscheidender Vorteil im militärischen Kontext, wo Effizienz und Reproduzierbarkeit gefordert sind. Der Prozess folgt der I-A-B-Sequenz:
- Ideogramm: Ein spontanes Ideogram wird gezeichnet, das die initiale Wahrnehmung festhält.
- A-Anteil: Bewegungsaspekte (z. B. „fließend“) und Gefühle (z. B. „nass“) werden isoliert und dokumentiert.
- B-Anteil: Bei 100 % Sicherheit wird der Archetyp analytisch zugeordnet; sonst wird zwischen „natürlich“ und „künstlich“ entschieden, basierend auf standardisierten Kriterien.
Die Stärke dieses Ansatzes liegt in seiner Klarheit und Zuverlässigkeit für wiederholbare Ergebnisse. Allerdings zeigt eine kritische Analyse, dass diese Starrheit die Genauigkeit einschränken kann: Ein Target wie eine Düne wird als „Land“ klassifiziert, da es eine feste, natürliche Formation ist. Doch das fließende Rieseln des Sandes oder die wellenartige Form – Eigenschaften, die an „Wasser“ erinnern – bleiben unberücksichtigt, da „Wasser“ physisch fehlt. Studien zeigen, dass diese Einschränkung zu einer systematischen Vernachlässigung komplexer Zielmerkmale führt, was die Interpretationsqualität beeinträchtigt.
Der repräsentative Ansatz von Marcus Boldt: Flexibilität und Symbolik
Der repräsentative Ansatz, entwickelt von Marcus Boldt im Deepmind Institute, interpretiert die elf Archetypen als flexible, symbolische Repräsentationen. Ihre Bedeutung passt sich dem Target an, statt festgelegt zu sein. Laut dem DMI-Profiling-Dokument (Boldt, 2010) ermöglicht dieser Ansatz „eine tiefere und nuanciertere Analyse durch metaphorische und symbolische Bedeutungen“, indem er die Wahrnehmung erweitert. Der Prozess bleibt der I-A-B-Sequenz treu, wird jedoch flexibler angewendet:
- Ideogramm: Ein spontanes Ideogram erfasst die erste Wahrnehmung mit Fokus auf intuitive Impulse.
- A-Anteil: Bewegung (z. B. „wellend“) und Gefühl (z. B. „dynamisch“) werden beschrieben und isoliert, um Feinheiten zu erfassen.
- B-Anteil: Die Zuordnung erfolgt kontextabhängig; bei Unsicherheit wird zwischen „natürlich“ und „künstlich“ unterschieden, doch die Interpretation kann metaphorisch sein, basierend auf Zielkontext.
Anstatt starre Definitionen anzuwenden, reflektiert dieser Ansatz die einzigartigen Merkmale eines Targets. Er erlaubt kreative Verbindungen, die im lexikalischen Ansatz verloren gehen, und hebt sich durch seine Adaptabilität ab, was empirische Validierung erfordert.
Die elf Archetypen: Von Tradition zur Neudefinition
Die elf Archetypen stammen aus der TRV-Tradition – zehn von Ed Dames, „Areal“ vom ISFR – und erhalten im repräsentativen Ansatz erweiterte Bedeutungen:
- Wasser: Wellend, fließend, flüssig, nass, Bewegung, energetisch.
- Land: Festigkeit, Stabilität, Bodenständigkeit.
- Berg: Höhe, Erhabenheit, Beständigkeit.
- Struktur: Von Menschen gemacht (z. B. Gebäude, technische Objekte).
- Areal: Fläche, Raum, Ausdehnung.
- Bewegung: Dynamik, Veränderung, Fluss.
- Lebensform: Organisches Leben, Vitalität.
- Lebensform mit Spiritualität: Leben mit Bewusstsein oder tieferer Bedeutung.
- Energie: Kraft, Potenzial, Lebendigkeit.
- Geschwindigkeit: Tempo, Intensität, Schnelligkeit.
- Vakuum: Leere, Abwesenheit, Potenzialraum.
Im lexikalischen Ansatz sind diese Bedeutungen statisch; im repräsentativen Ansatz passen sie sich dem Kontext an und öffnen Raum für symbolische Interpretationen, was die Anpassungsfähigkeit steigert.
Fallbeispiele: Düne und Kringel im Fokus
Der Unterschied zwischen beiden Ansätzen zeigt sich in konkreten Beispielen.
Düne als Target: Im lexikalischen Ansatz wird eine Düne als „Land“ klassifiziert – eine natürliche, feste Formation. Das Rieseln des Sandes („fließend“) oder die wellenartige Form („wellend“) bleibt unberücksichtigt, da „Wasser“ nicht physisch vorhanden ist. Ein zentrales Problem des lexikalischen Ansatzes liegt darin, dass die wellenförmige Struktur und das „Rieseln“ einer Düne häufig den Archetyp „Wasser“ im Ideogramm auslösen. Nach dem starren Katalog wird diese Wahrnehmung der B-Komponente „Wasser“ zugeordnet, obwohl kein physisches Wasser vorliegt – eine Fehlzuordnung. Gleichzeitig ist der Archetyp „Land“ zu einseitig, da er die dynamischen, fließenden Eigenschaften der Düne nicht vollständig erfasst. Der repräsentative Ansatz bietet eine andere Perspektive:
- Ideogramm: Eine geschwungene Linie deutet Wellen an.
- A-Anteil: Bewegung: „fließend“, „wellend“; Gefühl: „dynamisch“.
- B-Anteil: „Wasser“ wird metaphorisch zugeordnet, da die Eigenschaften „natürlich“ sind und an Wellen erinnern; „Land“ („natürlich, flach“) entfällt oder wird als zweiter Archetyp hinzugefügt.
Dieser Ansatz erfasst die Düne als dynamisches Phänomen mit wasserähnlichen Qualitäten. Städtisches Target (z. B. Brücke): Im lexikalischen Ansatz wird eine Brücke als „Struktur“ definiert, ihre dynamische Belastung durch Verkehr bleibt unberücksichtigt. Der repräsentative Ansatz integriert „Bewegung“ und „Energie“, um die funktionale Komplexität zu erfassen.
Kringel als Target: Ein Kringel – etwa eine spiralförmige Bewegung – wird lexikalisch oft als „Bewegung“ oder „Energie“ eingestuft. Der repräsentative Ansatz geht weiter: „Energie“ kann durch ihre fließenden, dynamischen Eigenschaften mit „Wasser“ assoziiert werden, da die spiralförmige Form Wellen oder Strömungen symbolisiert. Diese kreative Verknüpfung erlaubt eine tiefere Analyse.
Eine Archetypen-Übung im DMI
Das Deepmind Institute bietet eine einfache, effektive Übung für TRV-Trainees an. Nach dem Erlernen der 11 Archetypen erhalten Trainees einen kleinen Stapel Papier und zeichnen für jeden Archetyp drei bis sechs Zeilen. Der Archetyp wird laut benannt und für etwa drei Sekunden „hineingefühlt“. Unter die Zeilen wird der spontane Eindruck notiert, wodurch eine Liste von Eigenschaften entsteht, die das Wesen des Archetyps – wie die Essenz von „Wasser“ – einfängt.
Die Übung zeigt, wie Trainees zu jedem Archetyp stehen, und trennt Interpretationen von Wahrnehmungen. Wenn ein Trainee bei „Wasser“ nur „nass“, „tief“ und „kalt“ notiert, kann er in einer Session „Wasser“ nur zuordnen, wenn diese Eindrücke vorliegen. Ziel ist es, alle Eigenschaften eines Archetyps kennenzulernen und auf die wesentlichen zu reduzieren. Sie endet nach Durchlauf aller 11 Archetypen und fördert ein tieferes Verständnis des repräsentativen Ansatzes, mit Fokus auf Validierung.
Zusammenfassung
- „Im Technical Remote Viewing verfolgt der lexikalische Ansatz den Gedanken, dass Archetypen feste, unveränderliche Bedeutungen repräsentieren. Der repräsentative Ansatz hingegen sieht Archetypen als flexible Konzepte, die metaphorisch für verschiedene Aspekte eines Targets stehen können.“
- „Der lexikalische Ansatz im Remote Viewing betrachtet Archetypen als starre Symbole mit festen Bedeutungen, während der repräsentative Ansatz sie als flexible Repräsentationen von Konzepten und Assoziationen sieht.“
- „Während der lexikalische Ansatz Archetypen als unveränderliche Symbole versteht, die feste Bedeutungen repräsentieren, erlaubt der repräsentative Ansatz eine dynamische Interpretation, bei der Archetypen metaphorisch für verschiedene Aspekte eines Targets stehen können.“
- „Der repräsentative Ansatz bietet eine umfassendere Methode für das Remote Viewing, indem er Archetypen als flexible Repräsentationen von Konzepten betrachtet, im Gegensatz zum lexikalischen Ansatz, der feste und unveränderliche Bedeutungen zugrunde legt.“
Schlussfolgerung: Eine Weiterentwicklung von TRV
TRV, entwickelt von Ed Dames aus Swanns CRV, legte mit dem lexikalischen Ansatz den Grundstein für eine standardisierte Wahrnehmungsmethode. Der repräsentative Ansatz von Marcus Boldt erweitert dieses Erbe durch Flexibilität und Symbolik. Begriffe wie „repräsentieren“ (etwas steht stellvertretend, z. B. „Das Foto repräsentiert den Eiffelturm“), „symbolisieren“ (eine größere Idee, z. B. „Wellen symbolisieren Bewegung“) oder „darstellen“ (eine direkte Präsentation) verdeutlichen die Bandbreite dieses Ansatzes.
Eine zusammenfassende Tabelle zeigt die Unterschiede:
| Aspekt | Lexikalischer Ansatz | Repräsentativer Ansatz |
|---|---|---|
| Definition | Feste, unveränderliche Bedeutungen | Flexible, kontextabhängige Interpretationen |
| Interpretation | Statische Symbole mit klaren Eigenschaften | Dynamische, metaphorische Repräsentationen |
| Beispiel | „Wasser“ = „fließend“, „nass“ | „Wasser“ = „Wellen“, „Energie“ (je nach Target) |
| Stärken | Klare, einheitliche Definitionen | Kreative Einsichten durch Kontextualität |
Ob eine Düne „Wasser“ repräsentiert oder ein Kringel „Energie“ symbolisiert – der repräsentative Ansatz vertieft die Analyse und macht TRV zu einer dynamischen Kunstform, die über starre Definitionen hinausgeht.
Ein Vergleich mit Ingo Swanns ursprünglichem CRV zeigt, dass der repräsentative Ansatz möglicherweise eine Rückbesinnung auf die flexible, kontextbezogene Decodierung darstellt, die Swann in Stufe 1 betonte. Dies wirft die Frage auf, ob die Stärken des Originals – wie die Vermeidung starrer Kategorien – durch den lexikalischen Ansatz verloren gingen und nun durch den repräsentativen Ansatz wiederbelebt werden. Weitere Untersuchungen könnten klären, inwieweit dieser Ansatz die ursprünglichen Konzepte bestätigt oder erweitert.
© Der lexikalische Ansatz im Vergleich zum repräsentativen Ansatz, Marcus Boldt (aus DMI Archive 07-2024)



